Eine wahre Geschichte über Vertrauen und Vorurteile
Das Hotelleben im Schwarzwald war alles – nur nicht langweilig.
70 Angestellte, volle Belegung, Gästezufriedenheit, Umsatz, Gewinn, Tennishalle, Arztpraxis, Kosmetikabteilung und mittendrin: wir. Ein Team, das funktionierte – mit Humor und einem klaren Ziel: unser Hotel zum Erfolg zu führen.
Unsere Tochter wuchs auf der Hotelanlage auf. Jeder kannte sie, jeder passte auf sie auf – besonders, wenn sie mal wieder meinte, Chefin zu spielen. 😄 Diese Leichtigkeit, dieses Miteinander, das war unser Fundament.
Und doch: manchmal brauchten mein Mann und ich eine Auszeit. Ein paar Stunden in der Stadt, durchatmen, abschalten.
Der Tag, der alles anders machte
An einem dieser Tage verbanden wir zwei Termine:
Mein Mann fuhr zu einem seiner Hotels – ich in die Stadt, um etwas umzutauschen. Unser Sohn war dabei, noch keine zwei Jahre alt.
Im Parkhaus angekommen, wollte ich ihn noch schnell wickeln. Also Heckklappe auf, Blazer ausgezogen (dunkelblau, Seide – ich mochte ihn sehr), ins Auto geworfen und mein Baby frisch gemacht.
Die Pampers saß perfekt. Alles gut.
Bis ich die Heckklappe schloss – und in dem Moment spürte:
Der Autoschlüssel ist im Blazer und der Blazer liegt im Auto – das Auto ist abgeschlossen und ich komme nicht ran.
Ich stand da – mein Baby auf dem Arm, ohne Geld, ohne Schlüssel, ohne Handy (das war damals noch Zukunftsmusik).
Wenn du plötzlich auf Hilfe angewiesen bist
Ich suchte die Aufsicht im Parkhaus auf und erklärte meine Lage. Der gute Mann durfte mir kein Telefon geben – sein Chef hatte es verboten. Aber er sah meine Verzweiflung und drückte mir 30 Pfennig aus seiner Tasche in die Hand. Mit diesen 30 Pfennig ging ich zur nächsten Telefonzelle. Ich wählte die Nummer meines Mannes. Es klingelte … und klingelte … und klingelte. Keiner ging ran.
Ich legte auf und in dem Moment nahm mein Mann ab. Ich hörte wie das Geld durch den Apparat rauschte. Es war weg und ich am Ende. Mit Tränen in den Augen stand ich da, mein Sohn auf dem Arm, schwer und müde.
Dann kam sie vorbei, eine Punkerin mit ihrem Hund. Sie sah mich an und ich bat spontan um Hilfe.
Etwas, das ich vorher nie getan hätte. Und sie half – ohne zu zögern gab sie mir eine Mark.
Menschlichkeit erkennt man nicht an Äußerlichkeiten
Dank ihrer Hilfe konnte ich meinen Mann erreichen. Er schickte jemanden mit dem Zweitschlüssel für mein Auto. In der Zwischenzeit suchte ich eine Bekannte auf, die ganz in der Nähe eine Boutique hatte.
Sie gab mir 100 DM, half mir, einen klaren Kopf zu bekommen. Kurz darauf saß ich mit meinem Sohn in einem Café. Sehr erschöpft und dankbar.
Ich habe diesen Tag nie vergessen.
Er hat mir gezeigt, dass Hilfe oft von Menschen kommt, von denen du es am wenigsten erwartest.
Und dass wir alle – unabhängig von Kleidung, Status oder Aussehen – manchmal jemanden brauchen, der einfach menschlich ist.
Seitdem gilt für mich: Wenn jemand meine Hilfe braucht, bekommt er sie. Egal, wie er aussieht.
Diese Haltung begleitet mich bis heute – besonders in der Hotellerie.
Denn wahre Gastfreundschaft beginnt nicht beim Check-in, sondern im Herzen. 💛
Sie zeigt sich, wenn wir Menschen sehen – nicht Rollen. Gäste. Mitarbeitende. Lieferanten. Alle.
Und manchmal auch eine Frau mit Baby im Parkhaus.
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Expertin für Hotelmanagement
„Ich begleite Privathoteliers die gerade starten oder bereits gestartet sind – mit praktischem Wissen, Struktur und Klarheit.“
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